Internationale Aktivitäten ins Schulprogramm integrieren

Formen, Qualitätsmerkmale, Strategien der Implementierung
Internationalisierung im Schulprogramm

von Maik Böing

Schulen mit internationalen Bildungsangeboten sind hochattraktiv. Sie ermöglichen Schülerinnen und Schülern eine Anwendung ihrer mehrsprachlichen Kenntnisse sowie bleibende interkulturelle Erfahrungen. Häufig beschränken sich interkulturelle Austauscherfahrungen in Schule jedoch auf punktuelle Ereignisse wie der Teilnahme an einem Schüleraustausch oder an einem Erasmus+-Projekt.

    Für Schulen stellt sich zunächst die Frage, welche Formate internationaler Begegnungen für ihren Fächerkanon und für ihre Lernenden am geeignetsten sind. Die Bandbreite internationaler Begegnungen im Unterricht ist groß, die Formen sind vielfältig – ebenso ihre Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten. Nicht zuletzt kann auch nochmal die im Zuge der Corona-Krise deutlich verbesserte digitale Ausstattung der Schulen einen positiven Schub zur Internationalisierung des Fachunterrichts beitragen. 

    In diesem Beitrag erfahren Sie,

    • welche Formate internationaler Begegnungen existieren und möglicherweise auch in Ihrem Fachunterricht nutzbar sind;
    • wie Sie an Ihren Schulen Strukturen aufbauen und Räume schaffen, um die Internationalisierung im Fachunterricht zu fördern und langfristig zu implementieren.

    Im Kapitel Internationalisierung – eine Bereicherung für den Fachunterricht geht es dann um die vielfältigen Chancen und Perspektiven internationaler Projekte und Begegnungen, von denen auch die anderen Fachbereiche erheblich profitieren können.

    Formen internationaler Begegnungen in Schulen

    Grundsätzlich ist es sinnvoll, sich zunächst einen Überblick zu verschaffen über mögliche Formate, in denen bisher internationale Begegnungen in Schulen stattfinden und dann zu überprüfen, inwiefern diese zur Unterrichtsentwicklung in puncto Internationalisierung des Fachunterrichts auch an der eigenen Schule herangezogen werden können. 

    Im Bereich von Austauschmaßnahmen in Präsenz existieren z.B. folgende internationale Formate: 

    Vielfach werden Begegnungen auch virtuell mit Partnern im anderen Land durchgeführt. So sind z.B. folgende digitale Formate durchführbar:

    In Abhängigkeit von Schulform und Altersstufe sowie dem zur Verfügung stehenden zeitlich-organisatorischen Rahmen können auch mehrere Formate internationaler Begegnungen für Schulen attraktiv sein.

    Internationale Aktivitäten: Was ist zu vermeiden?

    Internationale Bildungsangebote können das Schulprogramm und den Unterricht erheblich bereichern und einen Beitrag zur Weiterentwicklung leisten. Gleichwohl gilt auch hier, gewisse Standards und Qualitätskriterien im Blick zu haben.

    So bestehen trotz gut gemeinter Planungen von Programmen häufig z.B. folgende mögliche Gefahren

    • Die Begegnungsprogramme werden insgesamt nicht hinreichend didaktisch-methodisch durchdacht im Hinblick auf das ihnen innewohnende Potenzial für einen sprachlichen Austausch. Es werden zu wenig formale Sprech- und Austauschgelegenheiten geboten. 
    • Es werden zu wenig Gelegenheiten für einen kognitiv ansprechenden, die Lernenden fordernden inhaltlichen Austausch gegeben.  
    • Gemeinsame Ausflüge und Erkundungen besitzen eher touristischen Charakter.
    • Die Projektarbeit ist nicht themen-, leitfragen- und interessengeleitet und verharrt auf einer sehr deskriptiven Abbild-Ebene anstatt einer Problem- oder Lösungsorientierung. 
    • Ausländische Gastschüler*innen sitzen ohne Integration und ohne Beobachtungsaufträge hinten im Klassenraum, um Unterricht anzuschauen.

    Qualitätsmerkmale für internationale Aktivitäten

    Umgekehrt lassen sich bewährte und neuere Bausteine der Austauschdidaktik oftmals leicht und ohne viel Aufwand in die internationalen Begegnungen integrieren. Zu denken ist an folgende Qualitätsmerkmale (vgl. Böing 2015, ausführlich dort Seiten 6-11, siehe: ): 

    • eine angemessene Vorbereitung und Nachbereitung, 
    • Partizipation der Lernenden (z.B. an der Programmgestaltung, an der Auswahl der Themen und Produkte der Projektarbeit),
    • eine kognitiv fordernde, anregende Projektarbeit, 
    • (themenbezogene) Exkursionen im Umfeld der Projektarbeit, 
    • Aktivitäten zur Sprachanimation und interkulturellen Begegnung, 
    • Tandemaktivitäten zur Intensivierung des sprachlichen und kulturellen Austausches,
    • gemeinsame sportliche, musikalische, künstlerische Aktivitäten, 
    • gemeinsame Erkundungen und Exkursionen,
    • gemeinsame „ungeplante“ Freizeit, 
    • Integration und Einbindung in das Schulleben (z.B. Unterricht in geteilten Klassen, Beobachtungsbögen zum Unterricht im Partnerland etc.),
    • die Integration von digitalen Medien vor, während, nach der Begegnung, 
    • die Anbahnung von interkultureller Reflexion (z.B. mittels eines Austauschportfolios, Beobachtungsbögen etc.).

    Eine ursprünglich für die außerschulische Jugendarbeit konzipierte Übersicht von Qualitätskriterien und Indikatoren für die internationale Jugendarbeit (bzw. in einer aktualisierten und erweiterten Fassung) liefert auch für Schulen wertvolle Anregungen.  

    Internationale Begegnungen im Schulprogramm verankern – ein schulisches Gesamtaustauschkonzept entwickeln

    Es bietet sich an, internationale Begegnungen nicht als Einzelaufgabe einer maßgeblich organisierenden Lehrkraft zu sehen, sondern Internationalisierung als Bildungsmaßnahme systemisch in der Schule zu verankern.

    Dies kann auf folgenden Wegen geschehen: 

    • durch die Benennung mehrerer verantwortlicher Lehrkräfte, die sich die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung aufteilen: Zu denken ist nicht nur an die Fachschaften der Fremdsprachen, die diese Aufgabe häufig übernehmen, sondern auch an Lehrkräfte anderer Fächer
    • durch eine frühzeitige Regelung aller Zuständigkeiten für die anfallenden Aufgaben: D.h. Wer macht was bis wann? - Umfangreiche Tabellen zur zeitlichen Organisation eines Schüleraustauschprogramms finden sich z.B. in dem Themenheft Der fremdsprachliche Unterricht Französisch: Austausch reell, virtuell, interkulturell
    • durch ein Zur-Verfügung-Stellen aller maßgeblichen Unterlagen – vor allem in elektronischer Form (z.B. in einem elektronischen SharePoint für Dateien): Standard-Anschreiben an die Partnerschulen, an die Teilnehmenden, an die Eltern; Antrags- und Berichtsschreiben an Fördereinrichtungen; Arbeitsblätter zur Projektarbeit; Beispiele für Erkundungsaktivitäten etc. 
    • durch eine gemeinsame Verständigung und Vereinbarung zum Bildungswert jeder Maßnahme der internationalen Begegnung innerhalb der Lehrerkonferenz und der Schulkonferenz; 
    • durch die Entwicklung eines schulischen Gesamtaustauschkonzeptes (vgl. Böing 2015, ausführlich dort Seiten 14-15) und eine explizite Verankerung im Schulprogramm als ein separater Punkt „Internationale Begegnungen an unserer Schule und ihr Bildungswert“;
    • durch eine Anerkennung der erheblichen Mehrarbeit der organisierenden Lehrkräfte in Form von Anrechnungsstunden (z.B. aus dem Topf der AG-Stunden: „Vorbereitung und Nachbereitung der internationalen Begegnung in Polen“).   

    Literatur

    Böing, Maik (2015): Der deutsch-französische Schüleraustausch 50 Jahre nach dem Elysée-Vertrag: Herausforderungen und praxisorientierte Strategien der Weiterentwicklung. In: Französisch heute. Heft 4. S. 5- 17. (Online abrufbar unter: )

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    Maik
    Böing
    Geographie- und Französischlehrer, engagiert in der Lehreraus- und -fortbildung

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