Berliner Erklärung: Internationalen Jugend- und Schüleraustausch im Bildungssystem verankern

Untertitel
Gemeinsame, überparteiliche Erklärung von Landtagsabgeordneten
Kein Schulabschluss ohne ein Angebot zur Teilnahme an einem internationalen Austausch!

Auf Einladung des Deutschen Youth For Understanding Komitee e.V. (YFU) und von „Austausch macht Schule“, der gemeinsamen Initiative der bundesweiten Fach- und Förderstellen für Internationale Jugendarbeit, trafen sich zwischen 2019 und 2023 Mitglieder der Landtage, Fachkräfte des Internationalen Jugend- und Schüleraustausches sowie Bildungsexperten unter dem Motto „Herz, Hand und Kopf – Internationale Verständigung durch Jugend- und Schüleraustausch“ zu Informationsreisen, Konferenzen und Arbeitstreffen.

Gemeinsames Ziel war es, herauszuarbeiten, wie internationaler Austausch und interkulturelles Lernen allen jungen Menschen zugänglich gemacht werden können. Gemeinsam wurden Möglichkeiten identifiziert, wie die Rahmenbedingungen für den Austausch nachhaltig verbessert und interkulturelles Lernen im Bildungssystem fester verankert werden kann.

Die folgende Erklärung wurde von Abgeordneten aus elf Bundesländern verabschiedet:

Berlin, 23./24. Juni 2023

Wir sind der Überzeugung, dass Austausch ein wirksames Mittel gegen Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ist. Daher ist es heute eine der zentralen bildungspolitischen Aufgaben, jungen Menschen die Gelegenheit zu geben, sich Kenntnisse und Fähigkeiten für ein verantwortungsvolles Handeln in der Welt anzueignen.

  • Jeder junge Mensch sollte, unabhängig von sozialem Hintergrund, finanziellen Voraussetzungen oder der besuchten Schule, einmal während der Schulzeit an einem grenzüberschreitenden Austausch teilnehmen können.
  • Jugend- und Kultuspolitik sollte sich ausdrücklich zum Ziel bekennen, jedem jungen Menschen das Angebot zur Teilnahme an einem internationalen Austausch zu ermöglichen.
  • Landtage sowie die Behörden der Kultusverwaltung und Jugendhilfe sollten die internationale Jugendarbeit und Austauschorganisationen in die Lage versetzen, internationalen Austausch leichter zugänglich zu machen, über bestehende Formate besser zu informieren und neue, zielgruppengeeignete Formate zu entwickeln.

Die Unterzeichnenden schlagen den Kultus-, Jugend- und Europaministerien der Landesregierungen vor, folgende Maßnahmen zu ergreifen, um mehr Schüler:innen und Jugendlichen aller soziokulturellen Milieus die Teilnahme an einem pädagogisch begleiteten Austausch zugänglich zu machen:

„Kein Schulabschluss ohne ein Angebot zur Teilnahme an einem internationalen Austausch!“

    Förderung von Bildungsgerechtigkeit

    1. Adressierung besonders der austauschfernen Zielgruppen an nichtgymnasialen Schularten

    • Austauschprogramme nicht auf gymnasiale Zielgruppen beschränken
    • Initiativen und Netzwerke langfristig implementieren und finanziell fördern, die sich mit Fokus auf bislang durch Austauschangebote zu wenig erreichte junge Menschen für interkulturelle Bildung, Vielfalt und die Internationalisierung von Schule einsetzen
    • Finanzielle Förderung der Teilnahme junger Menschen aus einkommensschwachen Elternhäusern am Jugend- und Schüleraustausch (u.a. Stipendienprogramme, verstärkte Information über mögliche individuelle Förderungen)

    2. Austauschprogramme in jedem Bundesland

    • Initiierung von Austauschprogrammen mit Partnerregionen eines Bundeslandes für Gruppen- oder Parlamentarischen Patenschaftsprogrammen der Länderparlamente für den individuellen Austausch

    3. Informationen über Fördermöglichkeiten an alle Schularten richten

    • Kompakte und zeitgemäße Aufbereitung von Informationen zu relevanten Institutionen und Fördermöglichkeiten für alle Schularten im Bundesland
    • Besondere Ansprache von Schulen mit besonderen Herausforderungen
    • Werbung für die Teilnahme von Schüler:innen aller Schularten an europäischen Schüleraustauschmaßnahmen

    Austausch einen festen Platz in der Schule geben

    1. Internationalisierung der Lehrkräfteaus- und -fortbildung

    • Förderung von Mobilitätserfahrungen der Lehramtsstudierenden und Lehrkräfte
    • Lehrkräften den systematischen Kompetenzerwerb zur Durchführung schulischer Austauschaktivitäten ermöglichen (etwa durch reguläre Module in der Lehrkräfteaus- und -fortbildung)

    2. Schulisch-außerschulische Kooperationen fördern

    • Unterstützung der Zusammenarbeit von Schulen mit außerschulischen Partnern (z.B. im Ausbau der Ganztagsschule), um den Angeboten beider Systeme neue Zielgruppen zu erschließen

    3. Schulen strukturell stärken

    • Multiprofessionelle Teams (etwa Verwaltungsassistenzen) zur Unterstützung internationaler Bildungskooperationen einsetzen
    • Schulen aller Schularten in die Lage versetzen, Förderungen für Bildungskooperationen zu beantragen (Vereinfachung von Anträgen, Stärkung schulinterner Ressourcen)
    • Gewährung von Stundenkontingenten und Benennung von Koordinationen für internationale Bildungskooperationen

    Austausch im deutschen Bildungssystem

      • Berücksichtigung des internationalen Austauschs bei der Entwicklung politisch-strategischer Ansätze für das nationale Bildungssystem
      • Verknüpfung von Bildungsthemen mit internationaler Dimension (Bildung für Nachhaltige Entwicklung, Demokratiebildung, Wirtschaftskunde) mit dem internationalen Austausch
      • Umsetzung von KMK-Empfehlungen (zur Europabildung, zur interkulturellen Bildung, zur Demokratiebildung usw.) durch eine Stärkung der Aktivitäten im internationalen Austausch
      • Vernetzung der jugend- und bildungspolitischen Sprecher:innen aller Landtage zum Thema internationaler Austausch im Bildungsbereich.

      unterzeichnet von:

      • Jörg Bernstein MdL (FDP, Sachsen-Anhalt)
      • Andrea Bogner-Unden MdL (Bündnis 90/Die Grünen, Baden-Württemberg)
      • Andrea Busche MdL (SPD, Nordrhein-Westfalen)
      • Christoph Degen MdL (SPD, Hessen)
      • Olaf Duge MdHB (Bündnis 90/Die Grünen, Hamburg)
      • Sabine Enseleit MdL (FDP, Mecklenburg-Vorpommern)
      • Alske Freter MdHB (Bündnis 90/Die Grünen, Hamburg)
      • Christian Fühner MdL (CDU, Niedersachsen)
      • Anna Gorskih MdL (DIE LINKE, Sachsen)
      • Sascha Haas MdL (SPD, Saarland)
      • Lucie Hammecke MdL (Bündnis 90/Die Grünen, Sachsen)
      • Karin Hartmann MdL (SPD, Hessen)
      • Nina Heidt-Sommer MdL (SPD, Hessen)
      • Monika Hohmann MdL (DIE LINKE, Sachsen-Anhalt)
      • Marcel Hopp MdA (SPD, Berlin)
      • Sandra Khalatbari MdA (CDU, Berlin)
      • Sina Aylin Koriath MdHB (Bündnis 90/Die Grünen, Hamburg)
      • Louis Krüger MdA (Bündnis 90/Die Grünen, Berlin)
      • Elisabeth Kula MdL (DIE LINKE, Hessen)
      • Thomas Lippmann MdL (DIE LINKE, Sachsen-Anhalt)
      • Christin Melcher MdL (Bündnis 90/Die Grünen, Sachsen)
      • Pascal Mennen MdL (Bündnis 90/Die Grünen, Niedersachsen)
      • Luise Neuhaus-Wartenberg MdL (DIE LINKE, Sachsen)
      • Jutta Schmitt-Lang MdL (CDU, Saarland)
      • Florian Siekmann MdL (Bündnis 90/Die Grünen, Bayern)
      • Gisela Stang MdL (SPD, Hessen)
      • Peter Tomaschko MdL (CSU, Bayern)
      • Turgut Yüksel MdL (SPD, Hessen)

      Weitere Unterstützerinnen und Unterstützer sind herzlich zur Mitzeichnung eingeladen!

      Media
      Gruppenbild Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Arbeitstreffens

      Bildungspolitisches Arbeitstreffen

      Die Erklärung wurde zum Abschluss einer zweitägigen Veranstaltung im Rahmen der Reihe „Herz, Hand und Kopf – Internationale Verständigung durch Jugend- und Schüleraustausch“ in Berlin verabschiedet. Zur ihr hatten YFU und „Austausch macht Schule“ eingeladen. Sie wurde durch die Stiftung Mercator gefördert.

      Ziel des Arbeitstreffens war zum einen die Bestandsaufnahme von Rahmenbedingungen im internationalen Austausch für die Bundes- und die Länderebene. Andererseits diskutierten die Teilnehmenden das Thema Internationaler Austausch und Politische Bildung.

      Besonders eindrucksvoll waren die persönlichen Erfahrungen von Teilnehmer:innen. So berichteten Roxane Piskol und Patryk Lippold über ihre Teilnahme an verschiedenen Formaten von Jugendbegegnungen und Schüleraustauschen, bei denen sie genau im Bereich zwischen Austausch und politischer Bildung unterwegs waren. Die Perspektive von Schülerinnen und Schülern brachte Nedjmije Bajrami ein, Mitglied im Bundessekretariat der Bundesschülerkonferenz.

      Die Reihe wird im Frühjahr 2024 fortgesetzt. Dann soll eine Reise nach Prag stattfinden.

      Veröffentlicht am: 11.07.2023
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